
(Beta vulgaris)
Die Überreste der Mangold Pflanzen in Bodenfunden aus archäologischen Ausgrabungen können sich nur in Form der Fruchtknäuel erhalten. Obwohl die Nachweischancen damit ziemlich gering sind, ist dies doch die einzige Möglichkeit, etwas über die Zeit vor den bildlichen oder schriftlichen Überlieferungen zu erfahren. Die ältesten dieser Fruchtknäuel von Mangold und Rübe stammen aus Deutschland, genauer aus dem römischen Militärlager Novaesium in Neuß am Rhein und aus der römischen Zivilsiedlung des Militärlagers Butzbach im Rhein-Main-Gebiet. Sie haben entweder dem Mangold oder Beta-Rüben angehört. Aus den Jahrhunderten der Völkerwanderungszeit wissen wir nichts über diese Pflanzen. Die ersten schriftlichen Nennungen der beta Gruppe beginnen im Mittelalter mit Karl d. Gr. und der systematischen Anlage von Klostergärten durch die Mönche vom 9. Jahrhundert an, besonders der Benediktiner. Danach gibt es zwei Inventare kaiserlicher Gärten aus dem Jahre 812. Das erste enthält Namen von Blumen, Kräutern und Gemüse, aber keine Rüben (Beta). Das zweite betrifft den Garten des Hofgutes Treola (heute Triel-sur-Seine bei Versailles). Hier werden unter 27 Arten von Kräutern und Gemüse sowie als einziger Blume, der Lilie, auch betas, also Mangold oder Rote Bete, genannt. Ebenfalls betas werden im Capitulare Karls d. Gr. unter 72 Arten von Kräutern, Gemüse, Fruchtbäumen und Blumen aufgeführt. Im Entwurf zum Klostergarten von St. Gallen/Schweiz aus dem Jahre 820 finden sich 18 Beete mit Gemüse und Kräutern, darunter eines mit der Bezeichnung betas. Daß die beta-Mangold/Rüben nicht die einzigen Rüben waren, geht z. B. aus dem »Compendium der Naturwissenschaft« hervor, das Hrabanus Maurus, der gelehrte Berater Karls d. Gr. verfasst hat. Darin werden rapa, napus und betas genannt. Bei den ersten beiden handelt es sich vermutlich um die Weiße Rübe (brassica rapa) und die Steckrübe (brassica napus). Diese Auflistung von Pflanzennamen in Lateinisch kann jedoch nicht nur auf Deutschland bezogen werden, denn das kulturelle Erbe der Antike, also des klassischen Griechenlands und des Römischen Reiches, war noch so dominierend, dass die dort kultivierten nützlichen Pflanzenarten auch in die Verzeichnisse und Gärten nördlich der Alpen aufgenommen wurden. Vom 10. bis 14. Jahrhundert an kamen noch neue Pflanzen durch die hohe Gartenkultur der Araber in Spanien hinzu.
Die Bücher waren handschriftlich. Sie wurden immer wieder abgeschrieben, einschließlich des Abmalens der farbigen Bilder. Alle fußten auf den großen Gelehrten und Schriftstellern der Antike. So wurde z. B. das Buch »De Materia media« (darin der »Codex«) des Griechen Dioskorides (etwa 60 n. Chr.), welcher das damalige Wissen aller Arzneipflanzen des Mittelmeerraumes zusammenfaßt, einschließlich farbiger Abbildungen, zuerst zwischen 500 und 511 in Konstantinopel kopiert. Von dieser Handschrift , die heute in der Wiener Staatsbibliothek weilt, sind im Laufe des Mittelalters viele Abschriften hergestellt worden, die letzte noch im Jahre 1478 unter weitgehender Abänderung.
Darüber dürfen allerdings nicht die eigenständigen botanischen Beobachtungen und Niederschriften einzelner bedeutender Naturforscher, wie des Albertus Magnus vergessen werden, auch wenn deren Werke sich in dem oben beschriebenen Rahmen halten, nämlich daß der Lebensraum der Pflanzen irgendwo in Mitteleuropa oder im Mittelmeergebiet war.
Zur engeren lokalen Eingrenzung in Deutschland gibt es Abgabenverzeichnisse von etwa 1300 an. So werden z. B. in einem Verzeichnis aus einem Weistum in Westfalen des Jahres 1344 folgende zu versteuernden Produkte der Bauerngärten aufgeführt: raban (Rüben), cibölle, knobloch, kabaz (Kappes, Weißkraut), magsam (Mohnsamen), hanf und Hanfsam. Dazu kamen nach Hermann Fischer »für den persönlichen Bedarf noch Hülsenfrüchte, wie Saubohnen, Fäseln (Grüne Bohnen) und Erbsen, Porree, Meerrettich oder Rettiche, je nach Landschaft Melde oder Spinat und schließlich noch einige Küchenkräuter«.
Aber erst mit dem Zeitalter der Entdeckungen, im 16. Jahrhundert, als der Buchdruck aufgekommen war, lassen sich viele Pflanzenarten oder Varietäten genauer umgrenzen. Das ist schon durch die Abbildungen in den Kräuterbüchern, in Form von Hola schnitten, der Fall. Doch ist die naturgetreue Wiedergabe bei den einzelnen Verlassen solcher Kräuterbücher unterschiedlich. Ein Beispiel für Mangold (Blatt-/Rippennutzung) stellt der »Römische Mangolt« von Otto Brunfels (1532) dar (Abb. 49), Alu Mangold ist er erkennbar anhand der verbreiterten Blattstiele und der dünnen, verzweigten Wurzel. Im Text geht Brunfels aber nur auf medizinische Wirkungen ein.
Eine Gegenüberstellung von »Weißem Mangolt« und »Rotrüben« stammt erwa aus der gleichen Zeit von Leonhart Fuchs (1543). Es sind zwar blühende Pflanzen, an welchen die Unterschiede zwischen Blatt- und Rübenpflanze nicht mehr so deutlich sind; aber bei der Rotrübe ist die Wurzel oben verdickt zu einer länglich-ovalen Knolle.