Kohl


Nachweise des Kohl aus vorgeschichtlicher Zeit sind nur anhand der Samen und Schoten möglich. Aber entsprechende fossile Teile haben sich bisher selten gefunden, und sicher bestimmt werden konnten diese lediglich für zwei nahe Verwandte des Kohls: den wilden Rübsen (Brassica campestris) und den Schwarzen Senf (Brassica nigra). Vielleicht gelingt es künftig, bei vorgeschichtlichen Siedlungen auch Kohlsamen zu finden.

Zu verhältnismäßig frühen Nachweismöglichkeiten kann die Sprachforschung beitragen. So haben die keltischen Sprachen drei Wortstämme für Kohl: kol oder kal, bresic und kap. Das ist erhalten in den heutigen Worten Kohl, Brassica und Kappes (Kopfkohl).

Erste Nennungen von Kohl stammen aus dem klassischen Altertum des Mittelmeergebietes. Für Griechenland berichtet der griechische Philosoph und Naturforscher Theophrastos (371-287 v. Chr.) in seiner »Naturgeschichte der Gewächse« auch über die damals in seinem Heimatland angebauten Nutzpflanzen:


»Kohl zerfällt in drey Arten: kraus-, glattblättrig und wilde Art, deren Blatt glatt, klein und rund ist, diese übrigens reich an Zweigen und Blättern und deren Saft scharff und arzneylich ist. Daher ihn die Ärzte zur Abführung gebrauchen. Im ganzen hat der krause Kohl größere Blätter und bessere Säfte als der glatte«

– Theophrastos (371-287 v. Chr.)

Aus Italien gibt es mehrere ausführliche Beschreibungen von verschiedenen Kohlformen, ihrer Pflege und Verwendung. Cato (235 v. Chr.) bezeichnet den Kohl (brassica) als das allerbeste Gemüse. »Iß ihn gekocht oder roh. Willst du ihn roh essen, so tauche ihn in Essig, dann ist er der Verdauung förderlich und gesund.« Dann folgen medizinische Anwendungen.

Die ausführlichste Beschreibung gibt Plinius (23-79 n. Chr.) in seiner Naturgeschichte (Nat. hist. XIX, 8, 41):


»Der Kohl (olus, caulis, brassica) spielt bei den Römern eine sehr wichtige Rolle… Man sät, pflanzt und schneidet ihn das ganze Jahr. Nach dem Frühjahrsschnitt treibt er gleich wieder, und diese Triebe sind noch wohlschmeckender und zarter als die Stengel selbst… Vorzüglich wohlschmeckend und groß wird eine Sorte, die man insbesondere Stengelkohl (caulis) nennt und die man in mehrmals gegrabenen Boden setzt, dann die sich über die Erde erhebenden Stengel (cauliculus) behäufelt, später abermals das Hervorsprossende behäufelt, so daß immer nur die Spitzen hervorstehen. Dieser heißt Tritianer Kohl. Bei dem Kumaner schließen die Blätter den Strunk ein, und die Blätterkrone ist breit. Der Aricische wächst nicht hoch und hat desto mehr Blätter, je zarter dieselben sind. Man hält diese Sorte für die beste, weil sie fast neben jedem Blatt besondere Sprossen (Seitenzweige) hat. Der Pompejaner wächst schlanker. Sein Strunk ist an der Wurzel dünn und wird erst zwischen den Blättern stärker… Der Bruttische hat große Blätter, einen dünnen Strunk, scharfen Geschmack, verträgt aber die Kälte gut. Die Blätter des Sabellinischen sind wunderlich kraus, er soll von allen am besten schmecken. Der Latuturrische bildet große Knollen und hat zahllose Blätter. Eine Art Kohl, der an den Seeküsten wächst und halmyridion heißt, hat die gute Eigenschaft, daß man ihn auf langen Seereisen grün erhalten kann, durch besondere Behandlung.«

– Plinius der Ältere (23 – 79)

Auch vom alexandrinischen Kohl ist an anderer Stelle von Plinius’ Naturgeschichte die Rede. Etwa um die gleiche Zeit schreibt Columella (ca. 50 n. Chr.): »Um die Zeit der Frühlings-Tag- und Nachtgleiche sammelt man Blumenkohl (cyma), Stengelkohl (caulis), zusammen mit anderen wilden und zahmen Pflanzen, darunter solchen, die am Strand oder im Küstenbereich wachsen, wie Sellerie, Spargel, Weiße Zaunrübe, Mäusedorn, Strand-Krithmum, Katzenminze, Pastinak und andere. Alle diese Dinge werden in einer Mischung von zwei Dritteln Essig und einem Drittel Salzlake eingemacht.«

In Deutschland stammen die ältesten Nachrichten erst aus dem Mittelalter. Diese sind zwischen dem 9. und 15. Jahrhundert bezüglich näherer Kennzeichnung sehr dürftig, wenn auch Kohl niemals fehlt und Bestand eines jeden Nutzgartens war. So enthält der Plan für den Klostergarten von Sankt Gallen aus dem Jahre 820 unter 18 Beeten für Kräuter und Gemüse eines für Kohl (caulas). In den verschiedenen weiteren Verzeichnissen z.B. den Capitularien Karls d. Großen wird der Kohl u. a. caulis und kappus (caputium) genannt. Das bedeutet beblätterte Stengelkohle oder Kohlrabi und Kopfkohl, dabei auch Rotkohl.

Die jüngste unserer Kohlsorten ist der Rosenkohl. Dieser erschien erstmals ım Jahre 1785 in Belgien unter der Bezeichnung Brüsseler Kohl.